PM: Nerzbefreiung Grabow

05. November 2007

Bekennerschreiben zur Nerzbefreiung in Grabow bei Burg erhalten

Der Verein die tierbefreier e.V. erhielt am 05.11. ein anonymes BekennerInnenschreiben einer Gruppe der Animal Liberation Front zu der Nerzbefreiung, die in der Nacht zum 26.10. auf der Nerzfarm Bärwinkel bei Grabow / Burg stattgefunden hat.

Bei der Aktion erlangten mehr als 10.000 Tiere die Freiheit. Tiere, die ihr Leben lang zu mehreren in winzigen Drahtgitterkäfigen leben mussten und die in Kürze auf der Farm vergast und zu Pelz verarbeitet worden wären. Während freilebende Nerze als Einzelgänger leben und quadratkilometergroße Reviere durchstreifen, werden sie in ihrer engen Käfighaft physisch und psychisch krank, sie drehen unentwegt immer und immer wieder die gleichen Schleifen in ihren Käfigen und fügen sich gegenseitig Bissverletzungen insbesondere an den Schwänzen zu. Reißerische Berichte sprechen davon, dass die Nerze jetzt wegen falsch verstandener Tierliebe verhungern müssten oder überfahren würden.

Offensichtlich sind diese Berichterstatter nicht in der Lage zu erkennen, worum es hier eigentlich geht: Auf einer Nerzfarm werden die Nerze (quälerisch) gehalten, um sie allesamt im November und Dezember umzubringen. Hätten die AktivistInnen die Tiere nicht befreit, wären sie in Kürze alle tot und zwar absichtlich getötet worden, um den Geldbeutel des Farmers zu füllen.

Nach der Befreiung wird ein vermutlich zweistelliger Prozentsatz der Tiere überleben, d.h. es werden ein- bis mehrere tausend Nerze ein Leben in Freiheit leben. Offensichtlich sind die Lebensbedingungen in der betroffenen Region gut geeignet, um den Nerzen ein Überleben zu ermöglichen. Von Naturschützern wird beanstandet, die (amerikanischen) Nerze aus den Farmen würden den europäischen Nerz langfristig verdrängen. Es geht hier jedoch um das Leben von Individuen und nicht einer Art.

Jedes Tier möchte leben, in Freiheit, frei von Schmerz und Gefangenschaft. Gegen dieses Grundrecht wird auf Nerzfarmen (und nicht nur da) eklatant verstoßen. Wenn durch die Befreiung nun eine Art besser überlebt als eine andere, die sich möglicherweise langfristig nicht mehr so gut vermehren kann, ist dies eine Artenfrage und keine Individuenfrage. Eine Art verspürt keinen Schmerz, Individuen sehr wohl. Dass sich gerade auch noch Jäger angeblich Sorgen um Hasen und Vögel machen, darf wohl eher als Ironie, wenn nicht gar als Sarkasmus verstanden werden. Niemand bringt so viele Vögel und Hasen um, wie die Jäger selbst.

Tierausbeuter scheinen in der Gegend so massig vertreten zu sein, dass selbst die Farmer und deren Gehilfen, die die Nerze wieder einfangen wollten, einer Wildschweinjagd in die Quere gekommen sind. Die Nerztöter behindern die Wildschweintöter und umgekehrt. Abgesehen davon ernährt sich der als besonders schützenswert angesehene europäische Nerz von den gleichen Beutetieren wie der amerikanische. Die Angst um die Hasen (die in ausgewachsenem Zustand sowieso nicht zum Beuteschema des Nerzes gehören) und Vögel dürfte somit wohl eher als geheuchelt angesehen werden.

Neben der Tatsache, dass tausenden Tieren ein Leben in Freiheit ermöglicht wurde und dies vielen auch gelingen wird, ist ein weiterer positiver Nebeneffekt der Aktion, dass dem Farmer Medienberichten zufolge mehr als eine Million Euro Schaden entstand. Dieses Geld, das auf dem Rücken der Tiere erwirtschaftet worden wäre, steht dem Kreislauf aus Leid und Tod nun nicht mehr zur Verfügung.

In der Regel führen solche Aktionen Gruppen durch, die sich die Bezeichnung ALF oder in Deutschland TBF (Animal Liberation Front bzw. Tierbefreiungsfront) geben. Nach eigenen Angaben zielen die Aktionen dieser Gruppen darauf ab, Tiere direkt zu befreien und / oder Tierausbeutern durch wirtschaftliche Sabotage einen größtmöglichen Schaden zuzufügen. Dies geht auch aus dem uns zugesandten Schreiben deutlich hervor.

Alfons Grosser, überzeugter Tierausbeuter und Vorsitzender des in Hannover ansässigen Zentralverbandes Deutscher Pelztierzüchter e.V., ist letzten Informationen zufolge einer der Besitzer der Farm Bärwinkel. Er besitzt mehrere Nerzfarmen in West- und Ost-Deutschland. Zuletzt wurden auf seiner Farm in Melle bei Osnabrück Ende Januar 700 kurzfristig leerstehende Nerzkäfige von der ALF zerstört (siehe hier).

Der Verein die tierbefreier e.V. hat keine Verbindung zur Animal Liberation Front, übernimmt jedoch seit 20 Jahren die Öffentlichkeitsarbeit für Aktionen, die gegen Gewalt an Tieren durchgeführt werden.

Untenstehend das anonyme Schreiben:

Bekenner_innen Schreiben

In der Nacht von 25. zum 26. Oktober 2007 führten wir eine direkte Aktion gegen die Pelz“farm“ der Firma Bärwinkel im Jerichower Land (Sachsen Anhalt) durch. Wir demontierten Teile des Zaunes und öffneten einen Großteil der Käfige. Dadurch wurden etwa 15.000 Nerze in den umliegenden Forst frei gelassen.

Wir handelten aus Mitgefühl für die leidenden Nerze und aus Verachtung gegenüber der Herabsetzung von Tieren zu Rohstoffen. Unserer Einschätzung nach wurden auf der „Farm“ bis zu 35.000 Nerze gehalten. Die Käfiggröße beträgt ca. 120cm Länge und 30cm Breite, worin wir durchschnittlich drei Tiere fanden.

Die Aktion war ein direkter Schlag gegen die Pelzindustrie. Den Nerzen wurde durch die Freilassung eine Chance auf Überleben und Freiheit gegeben. Den Betreibern der Nerz“farm“ ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden zugefügt.

Die Medienresonanz war groß aber inhaltsschwach. Ständig betont wurde die geringe Überlebenschance der Tiere und der Schaden an der „heimatlichen Natur“. Vollständig ignoriert wird hierbei, dass die Tiere schon bald ihr Winterfell bekommen hätten. Anfang November wären sämtliche Nerze ermordet und enthäutet worden. Die Freilassung wird zumindest einigen Tieren das Leben retten. Jeder einzelne überlebende Nerz rechtfertigt die Aktion.

Die so genannte „heimatliche Natur“ ist in der Realität ein von Menschen geschaffener und künstlich erhaltener Forst. Die Gegend ist mit Hochsitzen übersät, Jäger töten Tiere unter dem Vorwand der Notwendigkeit. Mit einem natürlichen Ökosystem ist dies nicht gleich zu setzen.

Wir fordern keine besseren Haltungsbesdingungen. Unser Handeln zielt auf die Zerschlagung der Pelzindustrie.
Nur die Freiheit ist artgerecht.“

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