Verfahren eingestellt: Belohnung und Billigung von Straftaten

Das Verfahren wegen „Belohnung und Billigung von Straftaten“ (§ 140 StGB) gegen Andre G. wurde eingestellt. Der Pressesprecher (und einer der Vorsitzenden) von die tierbefreier e.V. hatte in einem WAZ-Interview über einen Brandanschlag auf Bochumer Fleischereifahrzeuge gesagt: „Angesichts des unglaublichen Ausmaßes von Tierausbeutung, insbesondere der Fleischproduktion, finden wir, dass Sachbeschädigung eine legitime Protestform ist“.

Am 20. Mai 2014 erhielt Andre eine Polizeivorladung als Beschuldigter, der er nicht folgte. Am 19. Juni 2014 kam ein Strafbefehl über 470 Euro. Da wir uns im Recht und unsere Öffentlichkeitsarbeit über anonym durchgeführte Direkte Tierrechtsaktionen für die Zukunft gefährdet sahen, wurde durch Strafverteidigerin Inga Berg (Bewegungsrechtshilfe von die tierbefreier e.V.) Einspruch eingelegt. Am 1. Oktober 2014 kam es zum Verhandlungstermin, der nur für eine Dauer von zehn Minuten angesetzt war. Die Zeit wurde durch Inga Bergs Antrag auf Einstellung des Verfahrens ausgefüllt, in dem auf diverse Fehler im Strafantrag der Staatsanwaltschaft hingewiesen wurde.

So wurde etwa das oben genannte Zitat im Strafantrag geändert, um aus einer nicht strafbaren Aussage eine strafbare zu konstruieren. Das in der WAZ dokumentierte Zitat bezieht sich auf Sachbeschädigung, einen Tatbestand, der nicht durch § 140 StGB abgedeckt wird, dessen Billigung also nicht untersagt wird. Der Tatbestand der Brandstiftung wird hingegen durch den gleichen Paragrafen unter Strafe gestellt. Deshalb wurden dem Originalzitat die Worte „diese Form der (Sachbeschädigung …)“ hinzugefügt, um einen Zusammenhang zur Billigung von Brandstiftungen herzustellen.

Am Ende des Antrags wurde die Verhandlung auf den 21. Januar 2015 vertagt. Etwa eine Woche davor informierte die Richterin die Verteidigerin, dass sie das Verfahren ohne Auflagen einstellen würde. Die entstandenen Kosten werden von der Landeskasse übernommen, so dass bereits ausgezahlte Verteidigungskosten vom Rechtshilfekonto wieder zurück auf dieses fließen und für zukünftige Fälle von Strafverfolgung und Repression genutzt werden können.

Wir betonten bereits nach der Polizeivorladung und erneut nach dem Strafbefehl, dass die Öffentlichkeitsarbeit zu anonymen Direkten Tierbefreiungsaktionen weiter fortgesetzt wird. Durch die Verhandlungseinstellung kann darauf gehofft werden, dass weitere Versuche, den § 140 StGB auf diese Arbeit anzuwenden, ausbleiben.

Obwohl das Zitat manipuliert wurde, sieht der Betroffene den Fall als übliche Strafverfolgung durch die lokale Polizeidirektion und nicht als Ausdruck politischer Repression im eigentlichen Sinne an. Demnach sollte nur ein möglicher Gesetzesbruch verfolgt werden, nicht jedoch der Verein mundtot gemacht oder auch nur eingeschüchtert werden. Die im Befehl angesetzte Strafe von 470 Euro war zu gering, um Wirkung zu zeigen und, selbst in Anbetracht der Belanglosigkeit der vermeintlichen Tat, relativ weit unter der maximalen Freiheitsstrafe von drei Jahren. Die Akte zeigte zudem, dass die Ermittelnden den aktuellen Wohnort nicht kannten und aufwendig recherchieren mussten. Dafür mussten Überprüfungen bei Einwohnermeldeämtern in drei Bundesländern, angefangen vom Bundesland der Geburt, über das des Studiums, bis zu dem des aktuellen Wohnsitzes durchgeführt werden. Unterstrichen wurde diese Sichtweise durch die Entscheidung der Richterin.

Wichtige Hinweise bei Strafverfolgung und Repression:

1. In eurem Sinne: Keine Aussage gegenüber Polizei und Staatsanwaltschaft. Wenn gegen euch ermittelt wird, egal für wie entlastend ihr eure Aussage haltet, gilt in der Praxis der aus der Rechtsbelehrung der USA stammende Satz: „Alles was Sie sagen, kann und wird vor Gericht gegen Sie verwendet werden.“ Auch wenn Polizei und Staatsanwalt dafür die Worte der Betroffenen im Mund umdrehen müssen. Eine Aussage zu machen bedeutet, der Polizei bei eurer Verfolgung zu helfen. Sie kann ausschlaggebend dafür sein, ob ein Verfahren eingestellt wird oder zu einer Verurteilung führt. Ihr habt das Recht auf Aussageverweigerung, ohne dass dies zu eurem Nachteil ausgelegt werden darf. Auch wenn ihr als Zeugen gegen Mitstreiter_innen aussagen sollt, helft ihr der Polizei nur bei ihrer Arbeit gegen euer Umfeld, obwohl ihr nicht aussagen müsst. Der Betroffene hat innerhalb eines Jahres zwei Vorladungen als Zeuge und eine als Beschuldigter erhalten. Er ist teilweise mit und teilweise ohne Absage fern geblieben. Alle Verfahren wurden eingestellt.

2. Sucht frühzeitig Rechtsbeistand: Obwohl es in der Bewegung auch sehr gute Erfolge mit Laienverteidigung gibt, empfehlen wir alle Schritte mit Strafverteidiger_innen zu besprechen und die gesamte Kommunikation mit den Behörden durch sie erledigen zu lassen. Es kann trotzdem die bewusste Entscheidung dagegen und für die Laienverteidigung getroffen werden.

3. Informiert direkt die Bewegungs-Rechtshilfe von die tierbefreier: Unabhängig davon, ob ihr konkrete Angebote in Anspruch nehmen wollt. Das kann nicht nur für euch Vorteile haben, sondern unterstützt auch die Rechtshilfe bei ihrer Arbeit, Strategien und Entwicklungen von Strafverfolgung und Repression zu beobachten. Die Rechtshilfe kann euch kostenlos und qualifiziert beraten, (oft vergünstigte) Verteidigung durch Tierrechtler_innen vermitteln und finanziell bei Verteidigungs-, Verfahrens- und Strafkosten helfen. Die Rechtshilfe ist ein solidarisches Unterstützungsangebot für die Tierrechts-/Tierbefreiungsbewegung und als solches nicht an eine Mitgliedschaft bei die tierbefreier e.V. oder Spenden auf das Rechtshilfekonto gebunden.

Probleme? rechtshilfe{Ä}tierbefreier.de

Rechtshilfe leisten! 3€ helfen: http://www.tierbefreier.de/dreieurohelfen.html

die tierbefreier e.V.

Meldung „Billigung von Straftaten. Strafbefehl und Einspruch

Meldung „Vorladung wegen Billigung von Straftaten

WAZ-Artikel „Einige Tierschützer begrüßen Brandanschlag auf Bochumer Fleischerei

Tags:

One Response to Verfahren eingestellt: Belohnung und Billigung von Straftaten

  1. Last week #30 | lovingvegan says:

    […] animalliberationfront.de: Verfahren eingestellt: Belohnung und Billigung von Straftaten […]