14.05.09


Unliebsame Berichterstattung wieder erlaubt!

Unterlassungsverfügung gegen "die tierbefreier e.V."aufgehoben
- Escada scheitert am Oberlandesgericht in Hamm

In der Berufungsverhandlung vom 13. Mai 2009 beschloss das Oberlandesgericht Hamm die Verfügung vom Landgericht Münster aufzuheben und die Klage von Escada abzuweisen. Ein bereits vom Landgericht verhängtes Ordnungsgeld von 5.000 Euro ist somit hinfällig. Die Kosten des Verfahrens trägt Escada.

Zur Vorgeschichte:
Im Oktober 2007 verübten Unbekannte einen Buttersäureangriff auf die Zentrale des Modekonzerns ESCADA in Aschheim bei München. Einige Tage später erhielt der Verein "die tierbefreier e.V." ein anonymes Schreiben, in dem sich zu dem Anschlag bekannt wurde. "die aktion wendet sich gegen
den pelzhandel der firma", heißt es in dem Schreiben. Das Schreiben wurde auf der Internetseite des Vereins veröffentlicht, ebenso wurde der Anschlag in einer Presserklärung erwähnt, die zum Jahresende an die Medien verschickt wurde, in der sogenannte direkte Aktionen von anonymen
Gruppen gegen den Pelzhandel als Jahresrückblick aufgelistet wurden. Der Verein die tierbefreier e.V. hat keine Verbindung zu Gruppen, die direkte Aktionen durchführen, betreibt jedoch seit 20 Jahren
Öffentlichkeitsarbeit für Aktionen, die gegen Gewalt an Tieren durchgeführt werden. So berichtet der Verein über autonome Tierrechtsaktionen wie Tierbefreiungen oder Sabotagen, wenn er davon
über Bekenner_innenschreiben Kenntnis erhält. Es werden Presseerklärungen an die Medien verschickt, einerseits um über diese Aktionen zu informieren, andererseits damit die Hintergründe und die ethische Motivation zu diesen direkten Aktionen in der Öffentlichkeit bekannt und diskutiert werden.

ESCADA erwirkte daraufhin Ende 2007 eine einstweilige Verfügung, die es dem Verein verbot, über illegale Anti-Pelz-Aktionen, die gegen den Konzern durchgeführt werden, zu berichten. Die Begründung des Gerichts für die einstweilige Verfügung war, dass sich der Verein nicht von solchen Aktionen distanziert und eine Berichterstattung darüber als Aufruf zu weiteren derartigen Aktionen anzusehen sei. Da die Verfügung kurz vor Jahresende erlassen wurde, wurde das Erwähnen der Aktion in der Vereinspresseerklärung vom 31.12.07 bereits mit 5000 Euro sanktioniert. Die einstweilige Verfügung stellte einen eklatanten Eingriff in die Pressefreiheit, das Recht der Öffentlichkeit auf Information und die Meinungsfreiheit dar, der Verein legte Einspruch gegen die Verfügung ein, es kam zum Hauptsacheverfahren vor dem Landgericht Münster. Dieses änderte die Verfügung zwar ab, im Ergebnis blieb sie jedoch bestehen. Es war dem Verein also nach wie vor nicht möglich, die Öffentlichkeit über direkte Aktionen zu informieren, die gegen Escada stattgefunden haben. Die tierbefreier e.V. gingen daraufhin in Berufung.

Seit Herbst 2007 ist Escada vermehrt wegen des Verkaufs von Pelz in der Kritik. Weltweit werden viele Millionen Tiere wie Füchse, Nerze, Waschbären, Iltisse auf engstem Raum eingesperrt und am Ende ihres qualvollen Lebens per Gas, Stromschlag oder Genickbruch ihres Fells wegen umgebracht. Seit Anfang der Proteste versucht Escada auch mit ihrer Anwaltskanzlei Avocado Law aus Köln gegen Aktivist_innen vorzugehen und unliebsame Proteste und die Berichterstattung darüber zivilrechtlich verbieten zu lassen. Damit sind sie jetzt auf kompletter Linie gescheitert.