Strafantrag gegen Tierrechtler_innen in Österreich!
Im Mai 2008 wurden bei einer österreichweiten Razzia gegen die Tierschutz- und Tierrechtsbewegung zehn Aktivist_innen verhaftet und über 20 Wohnungen und Büros durchsucht. Grundlage der Razzia sowie der Verhaftungen und der über drei Monate dauernden Untersuchugshaft ist der §278a, die Bildung oder Mitgliedschaft in einer „kriminellen Vereinigung“.
Fast ein Jahr nach der Enthaftung und weiteren Hausdurchsuchungen und umfassender Ermittlungen wurde nun mit dem Strafantrag klar, dass es einen Prozess gegen die zehn ehemals inhaftierten Tierrechtler_innen geben wird.
Nachdem Anfang August die Ermittlungen wegen verschiedener Sachbeschädigungen gegen die Beschuldigten eingestellt wurden, war klar, dass Bewegung in den Fall kommt. Monatelang wurde von der zuständigen Staatsanwält_innenschaft, der Oberstaatsanwält_innenschaft sowie höchstrangigen Beamt_innen im Justizministerium taktiert und am Strafantrag gefeilt. Ursprünglich hieß es noch, den nun Angeklagten werden zahlreiche „schwere Sachbeschädigungen, Säureattentate und Brandanschläge“ vorgeworfen. Davon geblieben sind de facto Vorwürfe wegen Sachbeschädigungen und §278a.
Offenbar waren einige juristische Verrenkungen nötig um auf Basis der Ermittlungsergebnisse eine Anklage zu basteln - trotz teils jahrelanger Telefonüberwachung, Observationen, Kameras vor Wohungseingängen, Peilsendern an Autos, etlichen DNA Proben und sogar einer abgehörten Wohnung werden vier der Beschuldigten nicht einmal die Beteiligung an etwa einer konkreten Sachbeschädigung vorgeworfen. Den anderen Angeklagten werden bis auf zwei kleine Sachbeschädigungen nur Beteiligung etwa durch die Recherche zu „Anschlagszielen“ vorgeworfen. Die Ergebnisse der Recherchen sollen laut Strafantrag an „an unbekannten Orten“ „zu einer unbekannten Zeit“ an „unbekannte Mittäter_innen“ weiter gegeben worden sein, welche dann die eigentliche Sachbeschädigung durchgeführt haben sollen. Des weiteren wird die Beteiligung an einer Anti Pelz Kampagne als „versuchte Nötigung“ bewertet - immerhin wurde versuchte auf die Geschäftspolitik Einfluss zu nehmen.
Alex Sommer von antirep2008 äußerte sich dazu wie folgt: „In den vorliegenden Details wird auf erschütternde Art und Weise deutlich, dass sich der Angriff von Polizei und Justiz kaum gegen konkrete Straftaten sondern gegen eine kämpferische Bewegung und erfolgreiche Kampagnen richtet.“
Nicht nur wie einzelnen Personen die „Beteiligung“ an konkreten Straftaten unterstellt wird sondern vor allem wie die Mitgliedschaft an der ominösen „kriminellen Organisation“ und der Versuch der vermeintlichen „schweren Nötigung“ argumentiert werden lässt bei zahlreichen anderen NGOs aber auch Politiker_innen die Alarmglocken läuten. Geht es doch fast ausschließlich um „Aktivitäten zur Förderung der Ziele“ der vermeintlichen „kriminellen Organisation“, etwa die „Anmeldung von Demonstrationen“ gegen den Verkauf von Echtpelzprodukten, das Halten von öffentlich zugänglichen Vorträgen, das Verfassen von Artikeln für Zeitschriften oder Recherchen zu Pelzverkauf und Tierhaltung.
Über zwei Jahre massivste Ermittlungen waren nachweislich in erster Linie auf das öffentliche, politische und legale Engagement von Personen und Vereinen fokussiert. Internen Quellen zufolge ist die Anwendung des §278a gegen NGOs deshalb sowohl in der Justiz als auch im übergeordneten Ministerium sehr umstritten. Aber wie auch debattiert wird, wovor seit langem gewarnt wurde und was sich in mehreren Ländern bereits bestätigt hat, dass die Anwendung von Organisations-Paragraphen wie diesem der Kriminalisierung und Überwachung von politischen Bewegungen Tür und Tor öffnet, hat sich auch in Österreich bewahrheitet.
Sollte sich dieser Paragraph „bewähren“ ist mit seiner Anwendung auch gegen andere soziale Bewegungen zu rechnen. Genau so wie in diesen Fall die Repression in anderen Ländern eine Rolle gespielt hat wird dieses Verfahren Auswirkungen auf die Repression auch in anderen Ländern haben. Zumindest in Österreich wird gegen die zehn jetzt Angeklagten sowie mindestens zehn weitere Personen nach wie vor ermittelt, deshalb ist ein Ende der Repression gegen die Tierrechtsbewegung in Österreich auch mit diesem Prozess nicht absehbar.
Wichtig ist nun die direkt Betroffenen mit den Prozess nicht alleine zu lassen, insbesondere die Kosten für eine Verteidigung werden durch die erwartete lange Prozessdauer pro Angeklagter mehrere 10.000€ betragen. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten zu helfen: Solipartys/Flohmärkte/Performances/Ausstellungen organisieren um Spenden zu sammeln, Plakate aufhängen und Flyer auslegen und verteilen, Inserate schalten, die antirep Seite mittels Banner zu verlinken, Solidemos organisieren …
Kontonummer: 1910815837
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Kontoinhaberin: Grünalternative Jugend Wien
Zweck: Antirep 2008
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